Foto - Digitale Lehre

Die Pandemie hat nicht nur verändert, wie wir uns verhalten und was wir im Gesicht tragen. Auch die Art der Kommunikation mit unseren Mitmenschen hat sich verändert. So auch an der Justizvollzugsschule NRW. Und diese Veränderung betrifft hier zwangsläufig auch den Unterricht.

Um in Zeiten der Abstandsregelungen und Lockdowns die Ausbildung fortsetzen zu können, war es nötig, die Kreide beiseitezulegen, Tablets rauszukramen und mal zu schauen, wie das mit der digitalen Lehre so funktioniert. Irgendwo kam das ja schon mal in den Nachrichten. Das geht an unserer Schule bestimmt auch.

Jede hauptamtliche Lehrkraft sowie alle Anwärterinnen und Anwärter wurden also zunächst mit einem Tablet ausgestattet. „Wir können aber nur zwei Klassen gleichzeitig die Tablets einrichten lassen, sonst kommt das W-LAN doch an seine Grenzen.“

Und schon hatten nach eineinhalb Wochen alle aus den insgesamt 20 Ausbildungsgruppen ein neues Werkzeug für den Unterricht. Und mit diesem neuen Werkzeug kamen die Möglich- und Widrigkeiten der digitalen Welt auf uns zu.

„Die Dozenten können Ihre Tablets mit den elektronischen Tafeln in den Klassenräumen verbinden und darüber Ihre Präsentationen oder Videos zeigen.“

„Oh, wie praktisch!“

„Ja, dazu müssen Sie auf dem Tablet nur den entsprechenden Raum für die Tafel anklicken, den Anschluss HDMI1 wählen und das Passwort eingeben.“

„…Was?“

So oder ähnlich erging und ergeht es einigen von uns immer mal wieder. Aber steter Tropfen höhlt den Stein und eine Hand wäscht die andere… in Coronazeiten noch viel mehr als sonst. Und so lernt jeder - mal durch Ausprobieren, mal mithilfe von Kollegen, oder in Frage-Antwort-Runden der IT - wie man die Tablets möglichst effizient nutzen kann.

Mittlerweile sind die Tablets bei vielen schon fester Bestandteil im Präsenzunterricht. Besonders hilfreich werden sie aber dann, wenn sich eine Anwärterin oder  Anwärter bzw. eine ganze Ausbildungsgruppe  in häuslicher Quarantäne befindet. Die fehlenden Anwärterinnen und Anwärter können so dem Präsenzunterricht zugeschaltet und gesamte Ausbildungsgruppen per Videokonferenz unterrichtet werden.

Im Grunde gestaltet sich dies wie Präsenzunterricht. Die Unterrichtsmaterialen können auf dem Bildschirm geteilt werden; alle teilnehmenden Personen sind im Idealfall sichtbar und hörbar; um aufzuzeigen, besteht die Möglichkeit, auf eine kleine Hand auf dem Display zu drücken.

Dabei fallen Sätze, die, wenn man sie im „normalen“ Unterricht sagen würde, für Verwirrung und/oder Belustigung sorgen könnten:

„Ich sehe, dass Sie reden, aber ich höre Sie nicht.“ (Wenn vergessen wurde, das Mikrofon einzuschalten)

„Melden Sie sich noch? Ihre Hand ist noch oben.“ „Ach so, nein, ich hab vergessen, sie runterzunehmen.“

„Es fehlt noch ein Anwärter, wissen Sie, wo der ist?“ „Ja, der hat gerade Probleme mit dem WLAN.“

„Ich kann Ihre Unterrichtsfolien nicht sehen.“ „Dann gehen Sie noch mal raus und kommen wieder rein.“

Und wenn ein Dozent in Quarantäne ist? Für diesen Fall sind in den Ausbildungsgruppenräumen Webcams installiert. Hierüber kann die Lehrkraft in die Klasse geschaltet werden, ist auf der elektronischen Tafel sichtbar und kann von zu Hause aus mithilfe des Tablets den Unterricht abhalten.

Wie alles im Leben bringt auch die Digitalisierung ihre Vor- und Nachteile mit sich. Lehrkräfte und Anwärter:innen müssen geschult werden, für manch einen bleibt Kreide das Mittel der Wahl, Verbindungsprobleme, leere Akkus, spontan aufploppende Updates, Haustiere und schreiende Kinder stören den Unterricht.

Nichtsdestotrotz ist es uns heute möglich, die Ausbildung weiterlaufen zu lassen. Quarantäne bedeutet nicht: „Wir müssen die Klausuren verschieben, weil wir mit dem Stoff nicht durchkommen“, sondern: „Unterricht nach Stammstundenplan von zu Hause aus.“

Neben allen Hindernissen und Schwierigkeiten, die hin und wieder auftauchen, wird die Digitalisierung sehr positiv aufgenommen. Teilweise sei es sogar einfacher, dem Unterricht von zu Hause aus zu folgen, da man nicht von seinem Sitznachbarn abgelenkt werden könne.

Auch, wenn der größte Vorteil der digitalen Lehre das Anbehalten der Kuschelsocken ist, wird diese niemals dauerhaft den Wert eines gut geführten Präsenzunterrichts aufwiegen können. Doch zumindest wird uns die Wichtigkeit des Fortschritts in Zeiten von Corona deutlich und die Justizvollzugsschule in NRW ist froh darüber, diesen Schritt gehen zu können.

Seit dem 6. Januar unterrichten wir den gesamten Lehrgang an beiden Ausbildungsstandorten in Wuppertal und Hamm mit 20 Ausbildungsgruppen digital. Eine neue Herausforderung aber auch neue Erfahrungen, die uns bei der zukünftigen Entwicklung der digitalen Lehre für die Nach-Coronazeiten sicher hilfreich sind.

Nele Weiß